Technologie

ThermHex Organosandwich

Der patentierte ThermHex Produktionsprozess

Das von der Firma EconCore N.V. in Leuven patentierte ThermHex Verfahren ermöglicht die kontinuierliche in-line Produktion von thermoplastischen Wabenkernen. In anderen Verfahren muss jede Lage der Waben einzeln von einem Block geschnitten und anschließend laminiert werden. Das macht die konventionellen Herstellungsmethoden von Wabenkernen aufwendig und teuer – bei ThermHex erfolgen alle Produktionsschritte innerhalb einer Produktionslinie. Nach der Extrusion wird die Materialbahn dabei rotationsvakuumtiefgezogen, aufgefaltet, laminiert und auf die vom Kunden gewünschte Länge zugeschnitten. Mit der Produktionsanlage in Halle können Wabenkerne mit 3 bis 30 mm Dicke und einer individuellen Länge bis zu 6 Metern gefertigt werden, die Produktionsgeschwindigkeit reicht bis zu 10 Metern pro Minute.  

ThermHex Waben Prozess
Der kontinuierliche ThermHex Produktionsprozess

Die Wabenkerne werden insbesondere von der Faserverbundindustrie zu Sandwichplatten und -bauteilen verarbeitet, die beispielsweise in Lkw-Aufbauten, im Automobilinterieur oder in Fertigbädern und in Schwimmbecken Anwendung finden. Das Verfahren ist ressourceneffizienter und deutlich kostengünstiger als die herkömmlichen Verfahren zur Herstellung von Wabenkernen. Die ThermHex Waben GmbH kann durch dieses Verfahren Wabenkerne in großen Stückzahlen deutlich kostengünstiger produzieren und konnte seit dem Produktionsstart im Jahr 2010 ihr Produktionsvolumen kontinuierlich auf nun 500.000 m²/Jahr steigern.

 

Innovative Organosandwich-Halbzeuge

Innovative Organosandwich-Halbzeuge bestehend aus einem thermoplastischen Wabenkern und faserverstärkten Decklagen mit Thermoplastmatrix (Organobleche) lassen sich in einem kontinuierlichen Prozess herstellen und sind damit wesentlich kostengünstiger als Sandwichstrukturen mit konventionellen Kernmaterialien (z.B. expandierte Wabenkerne). Durch eine Deckschicht aus gewebeverstärkten Organoblechen oder thermoplastischen Laminaten aus UD-Einzellagen können anwendungsoptimierte und belastungsgerechte Sandwichstrukturen großserientauglich hergestellt werden. Für die Verwendung in komplexen Bauteilen müssen diese Organosandwich-Halbzeuge umgeformt und ggf. weiter funktionalisiert werden. Im Forschungsvorhaben Organosandwich konnte aufgezeigt werden, dass dies machbar ist.

Sandwichstrukturen weisen sehr hohe gewichtsspezifische Steifigkeiten und Festigkeiten auf. Mit Decklagen aus faserverstärkten Kunststoffen und einem leichten kunststoffbasierten Kern (z.B. Schaum, Wabenkern) können hochbelastbare Strukturen u.a. im Flugzeugbau, Schiffbau oder in Windkraft-Rotorblättern realisiert werden. Für großflächige, hauptsächlich auf Biegung belastete Strukturen ermöglicht die Sandwichbauweise ein enormes Gewichtseinsparungspotential. Durch den Einsatz eines leichten Kernmaterials, das zwei dünne Deckschichten auf Abstand hält, sind Gewichtseinsparungen von über 80% im Vergleich zu einer monolithischen Bauweise möglich. Dabei kann die Dicke der Deckschichten nur noch ein Bruchteil der Dicke eines monolithischen Materials betragen. Auf diese Weise sind neben der Gewichtseinsparung auch deutliche Materialkosteneinsparungen möglich. Gängige Verarbeitungsverfahren wie das Prepreg- oder Vakuuminfusionsverfahren, bei denen die Materialkomponenten (Deckschicht und Kern) separat in eine Form eingebracht und miteinander verbunden werden, sind allerdings sehr zeit- und kostenaufwändig und daher kaum für eine Großserienfertigung geeignet. Aus diesem Grund werden seit einigen Jahren Methoden des Schaum-Spritzgießen zur Herstellung von thermoplastischen Sandwichstrukturen untersucht. Die Kombination aus thermoplastischen Schäumen und endlosfaserverstärkten Decklagen ermöglicht hochbelastbare Leichtbausandwich-Konstruktionen. Damit ist sie vor allem für den Einsatz in gewichtsrelevanten Strukturen, wie z.B. beim Bau von E-Fahrzeugen prädestiniert.

 

Mechanische Prüfung und Materialkennwerte

Eine Grundcharakterisierung des mechanischen Verhaltens von Organosandwich-Halbzeugen mit ThermHex Wabenkernen und 2-lagigen cross ply Decklagen aus UD-Tape-Einzellagen (PP-GF) erfolgte anhand von Out-of-plane Druck- und Schubversuchen sowie Biegeversuchen mit Probekörpern, die aus ebenen Sandwich-Platten entnommen wurden. Dazu wurden die Proben mit Hilfe einer Universalprüfmaschine statisch bis zum Versagen belastet und Steifigkeiten sowie Versagenslasten bestimmt.

Druckversuche

Die Druckversuche an Proben mit quadratischem Querschnitt wurden in Anlehnung ASTM 365M durchgeführt. Während des Versuchs wurde die Kraft-Weg-Kurve der Prüfmaschine aufgezeichnet. Zusätzlich wurde die Relativverschiebung der beiden ungelenkig gelagerten Druckstempel sowie die Dehnung auf einer angeschnitten Probenseitenfläche mit Hilfe des Grauwertkorrelationssystems ARAMIS gemessen.

Bild 1: Spannungs-Dehnungs-Diagramm aus Druckversuchen am Wabenkern (links); Dehnungslokalisation (qualitativ) bei Erreichen der Maximalspannung (THPP80-20/9,6) (rechts)

 

Bei den durchgeführten Versuchen an Wabenkernmaterialien unterschiedlicher Dichte (60 und 80 kg/m³) sowie Kernhöhe (4,5; 10; 20 mm) und Zellgröße (4,5; 8; 9,6 mm) zeigen sich folgende Trends in den gemessenen Druckeigenschaften: Mit steigender Kerndichte (respektive zunehmender Zellwanddicke) nehmen Druckmodul und Druckfestigkeit des Kerns zu. Mit zunehmender Kernhöhe und Zellgröße nimmt der Druckmodul zu und die Druckfestigkeit ab.  

Tabelle 1: Kennwerte aus out-of-plane Druckversuchen an Wabenkernen

Schubversuche

Die Schubversuche wurden in Anlehnung an ASTM C273M als Platten Zugscherversuch durchgeführt. Dazu wurden die quaderförmigen Sandwichproben zwischen zwei Lasteinleitungsplatten geklebt. Aus dem Kraftsignal der Prüfmaschine und der optisch gemessenen Plattenrelativverschiebung wurden Schubspannungs Schubdehnungskurven berechnet. Es wurden jeweils Proben in W- und L-Richtung des Wabenkerns getestet.  

Bild 2: Spannungs-Dehnungskurven aus Schubversuchen an Organosandwich- Halbzeugen bei Schub in W-Richtung (links) und L-Richtung (rechts)

 

Bild 11 zeigt die ermittelten Schubspannungs-Schubdehnungs-Kurven. Dabei zeigen sich abhängig von der Prüfrichtung deutliche Unterschiede im Schubverhalten. In L-Richtung ergeben sich bis zu dreimal höhere Schubmoduln. Das erste Spannungsmaximum ist in L-Richtung etwa doppelt so hoch. Außerdem sind Einflüsse der Wabenkerndichte (hier 60 und 80 kg/m³) sowie der Kernhöhe und er Zellgröße erkennbar. Bei einer Zunahme der Kerndichte ergibt sich für beide Prüfrichtungen und gleicher Kernhöhe und Zellgröße eine Zunahme des Schubmoduls als auch des ersten Spannungsmaximums. Eine Erhöhung der Kernhöhe als auch der Zellgröße bei gleicher Kerndichte führt zu einem Absinken von Schubmodul und Spannungsmaximum. Dies ist insbesondere bei Prüfung in W-Richtung zu erkennen und lässt sich auf die beteiligten Deformationsmechanismen und die Besonderheit des Therm- Hex-Wabenkerns mit seinen z.T. nicht verbundenen Zellwänden in W-Richtung zurückführen.  

Tabelle 2: Schubeigenschaften von Organosandwich-Halbzeugen

Biegeversuche

Die Biegeversuche an Organosandwich-Proben wurden in Anlehnung an ASTM C393 als 3- Punkt-Biegeversuche durchgeführt. Dazu wurden entsprechende Sandwichproben mit unterschiedlichen Auflagerabständen (200, 300 und 400 mm) getestet. Während der Versuche wurde jeweils die Mittendurchbiegung der Probe mit Hilfe eines Wegaufnehmers gemessen. In den Versuchen mit geringem Auflagerabstand konnte häufig ein Schubbruch des Kerns sowie bei Wabenkernen geringerer Dichte (60 kg/m³) oder größerer Kernhöhe und Zellgröße auch lokales Eindrücken des Kerns im Bereich des oberen Auflagers beobachtet werden. Bei größeren Spannlängen konnte hingegen häufig ein Versagen der oberen, druckbelasteten Deckschicht (Deckschichtknittern) beobachtet werden.  

Bild 3: Failure Mode Map für THPP60-10/8 (L-Richtung) mit cross ply Decklagen, Versagenslast P normiert auf Decklagenzugfestigkeit PV; experimentell ermittelte Versagenslasten bei 200, 300 und 400 mm Spannlänge (magentafarbene Markierungen)

 

Die bei unterschiedlichen Spannlängen ermittelten Biegeversagenslasten wurden als normierte Versagenslast über dem Verhältnis aus Spannlänge und Sandwichhöhe in ein Diagramm eingetragen. Diese sog. Failure Mode Maps [1][11] können Auskunft darüber geben, welche Sandwichkonfiguration (Kerndichte, Kernhöhe, Deckschichtmaterial) für eine bestimmte Anwendung (Spannlänge) bei vorgegebener Belastung auszuwählen ist. Dazu werden neben den gemessenen Werten zusätzliche Graphen für die unterschiedlichen Sandwich-Versagensarten (u.a. lokales Kerneindrücken, Deckschichtknittern, Schubversagen des Kerns) eingezeichnet (siehe Bild 12). Auf diese Weise lassen sich Deckschicht und Kern möglichst effizient aufeinander abstimmen. Idealerweise sollte der Wabenkern so hohe mechanische Eigenschaften aufweisen, dass die mechanische Belastbarkeit der Deckschicht möglichst gut ausgenutzt werden kann.  

 

Spritzgießen punktueller Lasteinleitungselemente

Die vergleichsweise geringe Festigkeit von FVK-Sandwichstrukturen in Dickenrichtung setzt für die punktuelle Lastübertragung, durch beispielsweise Schrauben, spezielle Anpassungen im Bereich der Fügestelle voraus. Hier gibt es unterschiedliche Verbindungskonzepte in der Literatur, welche je nach Last- und Einsatzfall zur Anwendung kommen. Für mittlere und hohe Lasten muss ein lokales Versteifen der Kernstruktur erfolgen, was z.B. durch Füllen des Kerns mit einer aushärtbaren Harz-Härter-Masse, dem Potting, erfolgt. Je nach Belastungsfall werden im Pottingmaterial zusätzlich metallische Inserts eingebettet (siehe Bild 1 und 2).

Bild 1: Schematische Darstellung zu Verbindungsmethoden für lokale Lasteinleitung in Sandwichverbundstrukturen; Potting (links); Potting mit eingebetteten metallischem Insert

 

Bild 2: Im Spritzguss hergestellte punktuelle Lasteinleitungssysteme; thermoplastisches Potting (links); thermoplastisches Potting mit eingebetteten metallischem Insert (rechts)

 

Während der Verarbeitung der Organosandwichhalbzeuge im Hybridspritzgussprozess besteht die Möglichkeit die Potting-Füllungen mittels Spritzguß und mit thermoplastischem Kunststoff zu realisieren. In experimentellen Untersuchungen konnte bereits nachgewiesen werden, dass eine reproduzierbare Füllung eines zuvor präparierten Kernbereichs mittels angepassten Spritzgießzyklus innerhalb weniger Sekunden möglich ist. Als Spritzgussmaterialen für das Kunststoff-Potting ist in den Versuchen, passend zum Matrixmaterial der Organosandwich- Halbzeuge, Polypropylen mit einem MFI von 23 g/10min verarbeitet wurden. Es konnten sowohl mittels Spritzguss reine Potting-Füllungen hergestellt, als auch ein metallischer Insert im Sandwich eingebettet werden.  

 

Randeinschmelzen

Um endlosfaserverstärkte, thermoplastische Sandwichverbunde als Strukturbauteil in Großserienanwendungen zu etablieren, ist neben der Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Bauteilform, das Bereitstellen von Verbindungskonzepten ein wichtiger Aspekt. Hierbei ist bei Sandwichstrukturen ein vergleichsweise großer Aufwand für die Fügestellenvorbereitung notwendig, um diese mit etablierten Fügeverfahren wie Schweißen, Nieten oder Kleben mit z. B. Tragstrukturen zu verbinden (Abbildung 1).

Abbildung 1: Flächige Verbindungskonzepte in Sandwichbauteile mittels monolithischer Randbereiche

 

Das Zusammenbringen der Decklagen zu einem monolithischen Laminat, ist eine Methode die es ermöglich die Fügestelle an Sandwichstrukturen vorzubereiten. So können im Nachgang die genannten Fügeverfahren ohne zusätzliche Verbindungsprofile angewendet werden. Speziell an den Randbereichen von Sandwich-Strukturbauteilen lassen sich die Deckschichten gut zu einem monolithischen Laminat zusammenbringen. Als Übergang zwischen der Sandwichstruktur und dem monolithischen Rand kann eine Fase dienen, welche mit einem Winkel von maximal 30° ausgeführt werden sollte. So kann unter Belastung der Kraftfluss optimal aus beiden Decklagen über den Kern, mit abnehmender Höhe, in eine Tragstruktur weitergeleitet werden (Abbildung 1 und 2).

 

Abbildung 2: Organosandwich-Struktur mit eingeschmolzenen Randbereichen

 

Während der Hybridverarbeitung der Organosandwich-Halbzeuge kann neben dem Umformen, ein Pressen der Randbereiche des Sandwichverbundes zu einem monolithischen Laminat erfolgen. Hierfür wurden bereits Validierungsversuche, mit dem Abschnitt über Warmumformung beschriebenen Versuchstand und einem speziell ausgelegten Stempel, durchgeführt. In den Versuchen wird eine ebene Organosandwich-Probe umlaufend mit der in Abbildung 3 dargestellten Fasengeometrie versehen.

Das Erwärmen im Infrarotstrahlungsofen erfolgt mit dem gleichen Aufheizregime, welche beim Thermoformen der Schalengeometrie genutzt wird. Jedoch wird während des Pressvorganges zum Ende der Werkzeugschließbewegung, die in den Decklagen gespeicherte Wärme genutzt, um unter erhöhter Druckbelastung ein gezieltes Einschmelzen des Wabenkerns zum monolithischen Laminat zu bewirken.